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Jean-Claude Mézières

© Dargaud / Sabine Leroux

Jean-Claude Mézières

www.noosfere.org/mezieres

Was für Bilder! Was für Welten! Das Reich der tausend Planeten etwa… in einer entfernten Galaxie. Oder am Rande des erforschten Universums, das Land ohne Sterne. Bevölkert von bizarren Wesen wie den kauzigen Alfloloern einschließlich ihrer Haustiere, den putzigen Gumuns. Von den Shinguz, den unerlässlichen Händlern von Informationen, von dem Grunztier-Transmutator oder dem Schnarf. Einmal hat sich Jean-Claude Mézières selbst bei der Arbeit gezeichnet. Er blickt über die Schulter und sagt: „Ihr könnt wieder rauskommen! Der Fotograf ist weg!“ Und schon drängelt hinter seinem Rücken eine Schar skurrilster Aliens hervor, in aller Artenpracht. Was für eine ausufernde Fantasie!
Als Jean-Claude Mézières vor gut 50 Jahren zusammen mit seinem Szenaristen Pierre Christin „Valerian und Veronique“ ins Leben ruft, Ende 1967 in dem französischen Magazin Pilote, gilt Science-Fiction als Lektüre für Nerds und ist kein Thema. Ebenso wenig wie dass der Held einer Comic-Serie seine Rolle mit einer Frau teilt: nicht nur selbstbewusst und emanzipiert, sondern in der Regel auch weit cleverer und geschickter als ihr Counterpart.
Obwohl in ferner Zukunft spielend, verhandeln die Alben Konflikte unserer Zeit, die Mézières in fantastische Bilderwelten übertragen hat, wie sie vorher noch nicht zu sehen waren. Von ihrer Wirkkraft zeugen etliche Beispiele aus der populären Kultur des späten 20. Jahrhunderts, bis hin zu „Bladerunner“ oder „Star Wars“. Mitte der 90er entwirft Mézières das futuristische New York für Luc Bessons „Das fünfte Element“, in dem fliegende Taxis und Trucks durch atemberaubende Häuserschluchten jagen, inzwischen zigmal an anderer Stelle aufgegriffen. Besson, für den „Valerian“ schon als Teenager Kult war, ist es auch, der vergangenes Jahr zwei Alben der Serie verfilmte, die bis dato teuerste europäische Kinoproduktion.
Neben ihrer überschäumenden Erfindungskraft und grafischen Opulenz ist mindestens ebenso erstaunlich an Mézières‘ Zeichenkunst, wie frisch selbst auch die ersten Bände heute wirken – kein Anflug von Patina wie gerade bei Utopien genretypisch, vielmehr eine höchst eigene Optik, spektakuläre, rauschhafte Bilderwelten, die eben erst entstanden zu sein scheinen. Auch das zeigt, wie weit der Visionär Jean-Claude Mézières der Zeit vorauseilt – womit er, und das nicht allein in Europa, zu den faszinierendsten und bedeutendsten Virtuosen der neunten Kunst zählt.

Andreas C. Knigge

 

Buch-Veröffentlichungen von Jean-Claude Mézières in deutscher Sprache (Auswahl):

Gesamtausgabe von „Valerian und Veronique“ erschienen in Sammelbänden im Carlsen Verlag
alle zusammen mit Pierre Christin:

  • Band 1: Schlechte Träume, Die Stadt der tosenden Wasser, Im Reich der tausend Planeten. Hamburg, 2010
  • Band 2: Das Land ohne Sterne, Willkommen auf Alflolol, Die Vögel des Tyrannen. Hamburg, 2011
  • Band 3: Botschafter der Schatten, Trügerische Welten, Die Insel der Kinder. Hamburg, 2011
  • Band 4: Das Monster in der Metro, Endstation Brooklyn, Die Geister von Inverloch, Die Blitze von Hypsis. Hamburg, 2012
  • Band 5: Die große Grenze, Lebende Waffen, Die Kreise der Macht. Hamburg, 2012
  • Band 6: Im Bann von Ultralum, Die Sternenwaise, In unsicheren Zeiten. Hamburg, 2013
  • Band 7: Am Rande des großen Nichts, Das Gesetz der Steine, Der Zeitöffner. Hamburg, 2014
     
  • Lady Polaris. Carlsen Verlag, Hamburg, 1992
  • Valerian und Veronique: Jenseits von Raum und Zeit – Die Kurzgeschichten. Carlsen Verlag. Hamburg, 2017
  • Valerian – Filmausgabe: Im Reich der tausend Planeten, Botschafter der Schatten. Carlsen Verlag. Hamburg, 2017