Ambient Comics
Auf der Suche nach der modernsten und innovativsten aller Bilderzählungen? Den Anfang und das Ende aller Möglichkeiten, den universellen Comic, hat Nadine Redlich mit „Ambient Comics“ gezeichnet. Der Aufmerksamkeitsspanne der Generation Smartphone gemäß erzählt sie in jeweils sechs Bildern 74 Geschichten, in denen – wie im Comic üblich – zwischen den Bildern Zeit vergeht. Die Spannbreite der Einseiter reicht dabei von hochdramatischen Themen wie Weltuntergang, schmelzenden Polkappen und einstürzenden Neubauten bis zu Alltagsdramen wie dem Wachstum eines Pickels. Für all das braucht Nadine Redlich kein einziges Wort. Ihre Comics sind stumm, der Strich ist sparsam, aber präzise. Es sind minimale Details, die sich von Bild zu Bild verändern und die Geschichte entstehen lassen. Das Drama liegt häufig verborgen hinter den Bildern: Ein winziges Pflänzchen wächst z. B. langsam aus dem Abfluss eines Spülbeckens, vor dem sich Geschirr stapelt. Wir erahnen einen typischen WG-Konflikt, eine Geschichte von vermiedener Verantwortung und von Prokrastination. Oder ist jemand gestorben, bevor der Abwasch erledigt war? Im Grunde erzählen wir Leser uns hier die Geschichten selbst.
Wer sich die Zeit nimmt, die „Ambient Comics“ braucht, wird belohnt: Wie bei einem guten Whisky kommt der Geschmack erst mit dem zweiten oder dritten Schluck, dann aber entfaltet sich das volle Aroma.