Nicolas Mahler, Isabel Kreitz und Lukas Jüliger sorgen mit ihren ersten Bänden der Comicbuch-Reihe „Die Unheimlichen“ für einen fulminanten Auftakt dieses Gruselprojekts. Initiiert und herausgegeben werden „Die Unheimlichen“ von Isabel Kreitz („Die Sache mit Sorge“, „Haarmann“), und ihr Konzept ist schlicht und bestechend: Deutschsprachige Erzählmeisterinnen und Erzählmeister des Comics treffen auf literarischen Ausnahmehorror von noch lebenden und toten Autorinnen und Autoren. Adaptionen? Der Begriff greift zu kurz. Eher möchte man von einem Zeichenstift sprechen, der aus ungewöhnlichen Grusel-Szenarien Bilder und Interpretationen ganz eigener Art schöpft. Der Jüngste im Trio, Lukas Jüliger, nimmt sich des ältesten der Autoren an, Edgar Allan Poe mit einer ungeheuerlichen Liebesgeschichte aus dem Jahr 1835. Isabel Kreitz findet in einer Satire der Berliner Autorin Sarah Khan die Vorlage für einen Comic, der mit spitzer Feder (und Zunge) beim Life-Style-Stress einer Berliner Bobo-Szene ansetzt. Und bei Nicolas Mahler, dessen Gesamtwerk aus seiner Liebe zum Pulp nie einen Hehl machte, erhalten wir in der nicht weniger pulpverliebten Elfriede Jelinek ein kongeniales Gegenüber. Das Thema der beiden ist schlicht: der (die, das) Fremde. Außerdem wird ein Ausblick auf Barbara Yelins und John Kendrick Bangs „Wassergespenst von Harrowby Hall“ zu sehen sein, dem nächsten Band der Reihe, der im Herbst erscheint.
Brigitte Helbling